Governance

Der neue Bestätigungsvermerk – was sind die besonders wichtigen Prüfungsinhalte?

 Erste empirische Ergebnisse aus den Geschäftsberichten der DAX-Unternehmen

Der Bestätigungsvermerk hat sich durch die Anforderungen der EU-Abschlussprüferverordnung erheblich verändert. Bisher war der Bestätigungsvermerk ein kurzer sowie standardisierter Text, der wenig Aussagekraft hatte. Durch die EU-Reform ist der Bestätigungsvermerk nun deutlich umfangreicher und beinhaltet bei Unternehmen des öffentlichen Interesses nun Angaben über besonders wichtige Prüfungsinhalte, den sog. Key Audit Matters. Der folgende Beitrag stellt die Regelungen des Key Audit Matters dar und zeigt, wie die Umsetzung in den ersten Geschäftsberichten der DAX-Unternehmen erfolgt ist.

 

Der neue Bestätigungsvermerk: Was sind Key Audit Matters?

Der neue Bestätigungsvermerk hat mehrere Abschnitte, die zu einer deutlichen Ausweitung des Umfangs im Vergleich zur alten Regelung führen. Der Aufbau des neuen Bestätigungsvermerkes ist wie folgt:

  1. Prüfungsurteil
  2. Grundlage für die Prüfungsurteile
  3. Sonstige Informationen
  4. Besonders wichtige Prüfungsinhalte
  5. Verantwortung des gesetzlichen Vertreters sowie des Aufsichtsorgans für den Jahresabschluss und Lagebericht
  6. Verantwortung des Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts

Als Unternehmen von öffentlichem Interesse gelten börsennotierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen zählen in bestimmten Fällen auch ohne Börsennotierung dazu.

Ausgangspunkt der besonders wichtigen Prüfungsinhalte sind alle Sachverhalte, die der Abschlussprüfer mit den Verantwortlichen des Unternehmens bei der Durchführung der Abschlussprüfung besprochen hat. In die Key Audit Matters werden dann lediglich die Sachverhalte aufgenommen, die eine besondere Aufmerksamkeit erforderten. Bei der Offenlegung der wichtigen Prüfungsinhalte werden nicht nur die Gründe für die Bestimmung als wichtiger Prüfungsinhalte beschrieben. Auch das prüferische Vorgehen bei dem jeweiligen Sachverhalt wird näher dargelegt.

 

Die Prüfungsstandards nennen folgende Beispiele, die als besonders wichtige Prüfungsinhalte im neuen Bestätigungsvermerk auftauchen können:

  • Sachverhalte mit Herausforderungen bei Erlangung von Prüfungsnachweisen oder bei der Urteilsbildung
  • komplexe Sachverhalte oder bedeutsame Beurteilungen der gesetzlichen Vertreter verbunden mit komplexen Beurteilungen des Abschlussprüfers und Auswirkung auf Prüfungsstrategie sowie Ressourceneinsatz;
  • Sachverhalte, bei denen bedeutsame Schwierigkeiten aufgetreten sind, z. B. Beschränkungen bei der Nachweiserlangung im Fall von Transaktionen mit nahestehenden Unternehmen und Personen, beschränkter Zugang des Konzernprüfungsteams zu notwendigen Informationen,
  • Sachverhalte, die eine Konsultation erfordern oder mit einem auftragsbegleitenden Qualitätssicherer besprochen werden müssen;
  • Sachverhalte, die für die Adressaten von besonderem Interesse sein können;
  • bedeutsame ungewöhnliche Geschäftsvorfälle;
  • im Prüfungsverlauf erforderliche wichtige Neueinschätzungen der Risikobeurteilungen;
  • kritische geschätzte Werte, geschätzte Werte mit hoher Schätzunsicherheit und
  • Informationen zu bedeutsamen Rechnungslegungsmethoden und ihre Änderungen, insbesondere bei Abweichung von Branchenusancen.

 

Untersuchung der Geschäftsberichte der DAX-Unternehmen des Jahres 2017

Eine Untersuchung der Geschäftsberichte der 30 DAX-Unternehmen zeigte, dass 80 % der Unternehmen drei bzw. vier Key Audit Matters bei der Abschlussprüfung hatten, die in den Bestätigungsvermerk aufgenommen wurden. Die restlichen 20 % hatten entweder lediglich einen bzw. zwei oder aber fünf Key Audit Matters. Mehr als fünf Sachverhalte, die bei der Abschlussprüfung besonders thematisiert wurden, hatte keines der untersuchten Unternehmen. Bei den Unternehmen mit fünf Key Audit Matters ist auffallen, dass diese in der Vergangenheit für negative Schlagzeilen gesorgt hatten. Dies betraf beispielsweise Abspaltungen von Konzernteilen oder aber auch eine größere Übernahme eines anderen Unternehmens.

Die folgenden drei Themen fanden sich bei auffallend vielen Unternehmen als besonders wichtiger Prüfungsinhalt:

  1. Werthaltigkeit des Geschäfts- oder Firmenwertes (23 Unternehmen)
  2. Bewertung von Rückstellungen (19 Unternehmen)
  3. Key Audit Matters-Themen rund um M&A (12 Unternehmen)

 

Bei der Werthaltigkeit des Geschäfts- oder Firmenwertes zeigt sich die bestehende Problematik der derzeit geltenden Regelungen für die Bewertung nach den internationalen Rechnungslegungsstandards. Diese Regelung sieht vor, dass der Geschäfts- oder Firmenwert lediglich jährlich auf Werthaltigkeit überprüft werden muss. Eine jährliche Abschreibung und die damit verbundene Verringerung des Buchwertes in der Bilanz ist im Gegensatz zur nationalen Regelung des Handelsgesetzbuches nicht vorgesehen. Dies wird bereits seit mehreren Jahren von vielen Experten heftig kritisiert.

Auch die Bewertung von Rückstellungen zeigt, dass dieses Thema ein Dauerbrenner ist. Im Gegensatz zur Werthaltigkeit des Geschäfts- oder Firmenwertes waren hier die Themen bei den Abschlussprüfungen jedoch sehr unterschiedlich. Die folgenden Themen waren unter anderem einer der wichtigen Prüfungsinhalte bei der Bewertung von Rückstellungen:

  • Bewertung der Rückstellungen für Schäden und noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle
  • Bewertung der Rückstellungen für Gewährleistungs- und Kulanzverpflichtungen und Produktgarantien
  • Bewertung von Rückstellungen für steuerliche Risiken
  • vollständiger Ansatz und die Bewertung der Rückstellungen für Selbstversicherungsprogramme
  • Bewertung der Rückstellungen für patentrechtliche Auseinandersetzungen
  • Bewertung der Rückstellung für noch nicht abgewickelte Versicherungsfälle im Schaden/Unfall-Geschäft
  • Rückstellungen für Verfahren aus oder im Zusammenhang mit behaupteten Vertragsverletzungen und Compliance-Vorwürfen sowie Rückbau-, Stilllege- und ähnliche Verpflichtungen
  • Rückstellungen für Prozesse und Risikovorsorgen im Zusammenhang mit Kartellrisiken

 

Auch bei den Key Audit Matters in Bezug auf M&A-Themen gab es eine breite Themenvielfalt, wie die folgenden Beispiele zeigen:

  • Bewertung und Ausweis einer Veräußerungsgruppe
  • Verkäufe von Anteilen an Unternehmen und Entkonsolidierung einer Unternehmensgruppe
  • Projekt zum Aufbau und der Überleitung der Acounting Shared Services von einem in ein anderes Unternehmen
  • Geplante Veräußerung einer Beteiligung
  • Bilanzielle Abbildung des Erwerbs eines Unternehmens
  • Kaufpreisallokation im Rahmen einer Unternehmensakquisition
  • Bewertung der variablen Kaufpreisforderung aus dem Verlauf einer Geschäftsaktivität
  • Zusammenschluss von zwei Unternehmen
  • Identifizierung und Bewertung der erworbenen Vermögenswerte und Schulden im Rahmen der Akquisition einer Unternehmensgruppe

 

Fazit der Untersuchung

Durch die Änderung erhält die Öffentlichkeit im Teil der Key Audit Matters des Bestätigungsvermerks unternehmensspezifische Informationen. Durch diese Änderung ist der neue Bestätigungsvermerk sowohl deutlich aussagekräftiger als auch zeigt er besondere Themenfelder des Unternehmens auf.

Die ersten Geschäftsberichte mit der Berichterstattung über die Key Audit Matters zeigen, dass die Mehrheit der Unternehmen drei bzw. vier besonders wichtige Prüfungsinhalte bei der Durchführung der Abschlussprüfung mit ihren Prüfern diskutiert haben.

Auch wenn die Themenvielfalt der besonders wichtigen Prüfungsinhalte sehr groß ist, gibt es doch einige Themen, die bei einer Vielzahl an Unternehmen einen wichtigen Bestandteil der Abschlussprüfung darstellten. Dazu zählen die Werthaltigkeit des Geschäfts- oder Firmenwertes, die Bewertung von Rückstellungen sowie Themen in Bezug auf M&A. In den Geschäftsberichten von 2018 wird sich zeigen, ob sich die Relevanz dieser Themen fortsetzen wird.

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