Governance

Key Audit Matter – der neue Bestätigungsvermerk

Die großen Bilanzskandale wie Enron, Parmalat, Flowtex und Co. zu Beginn der 2000er-Jahre haben zu einigen neuen Regelungen geführt. Nicht nur das Thema Corporate Governance wurde und wird immer wichtiger. Auch die Rotationspflicht der Wirtschaftsprüfer sowie der neue Bestätigungsvermerk führten zu verschärften Regelungen, um weitere große Bilanzskandale zu vermeiden. Denn immer wieder wurde auch das Thema der Aufsicht der Unternehmen kritisch diskutiert.

Der Bestätigungsvermerk war bisher ein kurzer standardisierter Text, der in jedem Geschäftsbericht zu finden ist. Es gibt drei Varianten des Bestätigungsvermerkes: Entweder erteilt der Wirtschaftsprüfer dem Unternehmen einen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk, einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk oder einen sog. Versagungsvermerk. Bisher war der Bestätigungsvermerk meistens nicht länger als eine Seite.

In der Praxis wird nur sehr selten ein Versagungsvermerk erteilt. Dies bedeutet so viel wie „nicht bestanden“: Demnach hat das Unternehmen dem Wirtschaftsprüfer die Unterlagen nicht vorgelegt oder aber so vorgelegt, dass dieser nicht nachprüfen konnte, ob das Unternehmen sich an die geltenden Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften gehalten hat. Trotz dieser drei verschiedenen Kategorien war es bisher so, dass der Bestätigungs- bzw. Versagungsvermerk für die Abschlussadressaten wie beispielsweise Investoren keine detaillierteren Informationen über die Abschlussprüfung oder die Lage des Unternehmens gegeben hat. Auch wenn einem Unternehmen ein Versagungsvermerk erteilt wird, hat dies keine direkten Konsequenzen in Form einer Geldstrafe oder der Neuaufstellung des Jahresabschlusses.

Ein knapper und wenig informativer Bestätigungsvermerk – das hat sich nun geändert. Für Geschäftsjahre, die nach dem 16. Juni 2016 beginnen, muss die Neuregelung angewendet werden. Es handelt sich hierbei um das sog. Abschlussprüferreformgesetz vom 10. Mai 2016. Für Unternehmen mit einem öffentlichen Interesse (sog. PIE, „Public Interest Entities“) gelten zudem weitere spezifische Regelungen. Zu Unternehmen mit öffentlichem Interesse zählen nicht nur kapitalmarktorientierte Unternehmen, sondern auch Banken und Versicherungen.

Der neue Bestätigungsvermerk wird oft als Key Audit Matter bezeichnet. Strenggenommen bezieht sich der Key Audit Matter jedoch nur auf einen Teil des neuen Bestätigungsvermerkes: die sog. wichtigen Prüfungssachverhalte. Allerdings ist dies nicht die einzige Neuerung des neuen Bestätigungsvermerkes.

Aufbau des neuen Bestätigungsvermerkes

Der Bestätigungsvermerk wird nun in verschiedene Abschnitte unterteilt. Im Vergleich zur alten Regelung wird er dadurch deutlich umfangreicher, aber auch aussagekräftiger.  So kann der neue Bestätigungsvermerk bei Unternehmen des öffentlichen Interesses ca. acht bis zehn Seiten umfassen. Die Unterteilung des neuen Bestätigungsvermerkes wird wie folgt vorgenommen:

  1. Prüfungsurteil
  2. Grundlage für die Prüfungsurteile
  3. Verantwortung des gesetzlichen Vertreters sowie des Aufsichtsorgans
  4. Verantwortung des Abschlussprüfers

 

Bestehen Zweifel an der Fortführung der Unternehmenstätigkeit, muss darüber in einem separaten Abschnitt mit entsprechender Überschrift berichtet werden. Derzeit wird der Prüfungsstandard des Institutes der Wirtschaftsprüfer (IDW) diesbezüglich überarbeitet. Allerdings ist davon auszugehen, dass die Notwendigkeit einer derartigen Berichterstattung künftig bei einer niedrigeren Gefahrenschwelle als bisher gegeben sein wird.

Der Abschlussprüfer muss bei Unternehmen des öffentlichen Interesses einen weiteren Abschnitt zum Thema „Besonders wichtige Prüfungsinhalte“ ergänzen. Zielsetzung der EU-Verordnung ist, der interessierten Öffentlichkeit sowie dem Aufsichtsrat einen detaillierteren Einblick in die Arbeit des Abschlussprüfers zu ermöglichen. Zudem muss der Bestätigungsvermerk bei Unternehmen des öffentlichen Interesses Angaben über die Bestellung des Abschlussprüfers, dessen Mandatsdauer sowie weitere erbrachte Leistungen des Abschlussprüfers enthalten.

 

Angabe besonders wichtiger Prüfungssachverhalte

Bei dem bisherigen Bestätigungsvermerk gab es in der Regel keinerlei Informationen zu besonders wichtigen Inhalten der Abschlussprüfung. Vom Standard-Text gab es normalerweise lediglich dann Abweichungen, wenn der Prüfer einen Versagungsvermerk oder aber einen eingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt hat. Bei einem eingeschränkten Bestätigungsvermerk erfolgt dann der Hinweis, in Bezug auf welche Themen der Abschlussprüfer die Einschränkung vorgenommen hat. Dies kann beispielsweise aufgrund von bestehenden Marktunsicherheiten für die Zukunft sein, die der Wirtschaftsprüfer nur schwer beurteilen kann.

Insbesondere durch die nun erfolgenden Angaben zu besonders wichtigen Prüfungsinhalten gewinnt der neue Bestätigungsvermerk an Informationswert im Vergleich zur alten Regelung. Der Begriff „Key Audit Matter“ bedeutet übersetzt auch nichts anderes als „wichtige Prüfungsangelegenheiten“. Auch wenn bei jedem Unternehmen die wichtigen Prüfungsinhalte individuell unterschiedlich sind, gibt es doch einige Themen, die sich bei vielen Unternehmen wiederfinden. In vielen Geschäftsberichten mit dem neuen Bestätigungsvermerk werden beispielsweise die Werthaltigkeit des Geschäfts- oder Firmenwertes sowie die Bewertung der Pensionsrückstellungen als wichtige Prüfungssachverhalte dargestellt.

Bei der Offenlegung der wichtigen Prüfungsinhalte werden nicht nur die Gründe für die Bestimmung als wichtiger Prüfungsinhalt, sondern auch das prüferische Vorgehen näher beschrieben. In einigen Geschäftsberichten erfolgen zudem Verweise auf den Bericht, in dem es zu dem einzelnen Sachverhalt nähere Informationen gibt.

 

Aufnahme weiterer (besonderer) Hinweise

Zu den besonderen Hinweisen zählt beispielsweise die Information über die Bestandsgefährdung des Unternehmens. Dies wird jedoch nur in Ausnahmefällen erforderlich sein. Sofern Hinweise zur Hervorhebung einzelner Sachverhalte erfolgen, muss dies in einem separaten Abschnitt erfolgen. Wichtig ist dabei die Unterscheidung zwischen zwei Kategorien: Es gibt zum einen Sachverhalte, die Prüfungsgegenstand der Abschlussprüfung sind. Zudem gibt es sog. sonstige Sachverhalte, die außerhalb des Prüfungsgegenstandes liegen. Damit für den Leser des Berichtes die Abgrenzung deutlich wird, muss dieser Abschnitt mit einem entsprechenden Titel wie beispielsweise „Hervorhebung eines Sachverhalts“ kenntlich gemacht werden. Die Einordnung einzelner Sachverhalte als „besondere Hinweise“ liegt im Ermessen des Abschlussprüfers.

 

Spezifische Anforderungen an Unternehmen des öffentlichen Interesses

Unternehmen des öffentlichen Interesses müssen gemäß der EU-Verordnung unter anderem folgende Angaben bzw. Erklärungen im neuen Bestätigungsvermerk angeben:

  • Angabe, von welchem Organ der Abschlussprüfer bestellt wurde
  • Angabe des Datums der Bestellung des Abschlussprüfers und der gesamten ununterbrochenen Mandatsdauer (inkl. bereits erfolgter Verlängerungen und erneuter Bestellung)
  • Erläuterungen zur detaillierteren Beschreibung des Prüfungsurteils bezüglich der Risiken des Unternehmens
  • Erläuterung, in welchem Maße die Abschlussprüfung geeignet ist, Unregelmäßigkeiten aufzudecken (z.B. Betrug)
  • Angabe der Leistungen, die vom Abschlussprüfer für das geprüfte Unternehmen oder von diesem beherrschten Unternehmen zusätzlich zur Abschlussprüfung erbracht wurden, sofern diese im Lagebericht oder in den Abschlüssen nicht angegeben wurden
  • Erklärung, dass keine verbotenen Nichtprüfungsleistungen erbracht wurden sowie der Abschlussprüfer seine Unabhängigkeit vom geprüften Unternehmen gewahrt hat
  • Bestätigung, dass das Prüfungsurteil mit dem Prüfungsbericht der EU-Verordnung in Einklang steht

 

Fazit

Im Gegensatz zum bisherigen ist der neue Bestätigungsvermerk deutlich detaillierter. Vom bisherigen Standardtext wird deutlich abgewichen, da nun über besonders wichtige Prüfungsinhalte berichtet werden muss. Dadurch wird der Umfang des Bestätigungsvermerkes deutlich zunehmen, aber auch dessen Aussagekraft für Investoren und die Öffentlichkeit. Insbesondere für Unternehmen des öffentlichen Interesses gelten zusätzliche Regelungen über verpflichtende Inhalte des neuen Bestätigungsvermerkes.

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