Best Practices
Kommunikation mit Investoren – was Unternehmen beachten sollten
Investoren sind nicht mehr nur in der Hauptversammlung anwesend und nicken die Abstimmungen ab. Sie nehmen ihr Stimmrecht und die Möglichkeiten des Einflusses viel intensiver wahr als dies noch vor einem Jahrzehnt der Fall war. Auch wenn der Dialog zwischen Unternehmen und ihren Investoren nimmt, ist dies für deutsche Konzerne teilweise noch ungewohnt. Begriffe wie Stewardship, Shareholder Engagement und eine gute Corporate Governance spielen zunehmend eine wichtige Rolle.
Unternehmen sollten den Dialog mit institutionellen Investoren, Groß- oder Ankerinvestoren jedoch nicht lediglich negativ sehen. Den Dialog können Unternehmen durchaus auch als Austausch nutzen. Wie dies gelingen kann, zeigt der vorliegende Beitrag.
Herausforderungen durch die Trennung von Eigentum und Leitung des Unternehmens
Die Trennung zwischen Eigentum (Aktionäre) und Leitung (Vorstand) führt aus Sicht der Ökonomie zu verschiedenen Informationsasymmetrien. Diese können vom Management eines Unternehmens ausgenutzt werden. Sofern dies sanktionslos möglich ist, erhöht dies die Gefahr von opportunistischem Verhalten seitens des Vorstands eines Unternehmens. Die Leistung sinkt dann – so die Theorie – wenn gute Leistung nicht angemessen honoriert bzw. schlechte Leistung nicht entsprechend bestraft wird.
Eine effiziente Kontrolle des Managements eines Unternehmens wird umso schwieriger, desto höher der Streubesitz der Aktien ist. Bei einem hohen Streubesitzanteil gibt es viele Aktionäre, die an dem Unternehmen beteiligt sind. Streubesitzaktionäre haben in der Regel fast keinen Zugang zu Informationen. Sie sind demnach nicht nur von Informationsasymmetrien besonders betroffen, sondern können ihre Stimmrechtsmacht nur unzureichend koordinieren. Diese Problematik betrifft vor allem Kleinaktionäre bzw. private Investoren. Institutionelle Investoren haben einen leichteren Zugang zu Informationen und eher die Möglichkeit, ihre Stimmrechtsausübung auf der Hauptversammlung zu koordinieren. Oftmals werden die Stimmrechtsberater für institutionelle Investoren tätig, da diese gegenüber ihren Kunden ihre Vorgehensweise transparent und nachvollziehbar offenlegen müssen.
Was Unternehmen für einen besseren Investorendialog tun können
Sofern Unternehmen mit einzelnen institutionellen Investoren bzw. Stimmrechtsberatern sich zu Gesprächen treffen, ist zu beachten, dass hier die Gefahr einer horizontalen Informationsasymmetrie unter den Aktionären besteht. Daher ist ratsam, für Gespräche alle institutionellen Investoren einzuladen. Kommt es aufgrund von Einzelgesprächen zu einer Ungleichbehandlung, muss besonders auf den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsrundsatz geachtet werden. In der Regel wird davon ausgegangen, dass es für die Ungleichbehandlung einen sachlichen Grund gibt, der vorliegt.
Heikel wird die Situation dann, sofern der Kommunikationsprozess nicht reibungslos verläuft. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die institutionellen Investoren unterschiedliche Strategien verfolgen. Auch unterschiedliche Sichtweisen sorgen für Konflikte bei den Dialogen. Bei folgenden Themen kann es beispielsweise Uneinigkeiten geben:
- Anzahl an Aufsichtsratsmandaten der einzelnen Mitglieder des Aufsichtsrates, die aus Sicht der Investoren noch akzeptabel sind
- Berücksichtigung von Aufsichtsratsvorsitzen bei der Gesamtanzahl der Aufsichtsratsmandate (Doppelzählung wird nur von einigen Investoren gefordert)
- Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder in fixe und variable Vergütungsbestandteile
- Vergütung der Mitglieder des Vorstandes
- Mandatierung von Abschlussprüfern
Unternehmen sollten aktiv den Dialog zu Investoren suchen. Durch das Gespräch können so beide Seiten auch außerhalb der Hauptversammlung sich über wichtige Themen, die das Unternehmen betreffen, austauschen. So kann ein Unternehmen die Veränderung seines Geschäftsmodells aufgrund der Digitalisierung oder aber auch die zunehmenden Herausforderungen des Unternehmens im Zuge des Klimawandels erklären. Neben der Möglichkeit, Erklärungen zu liefern, können die Investoren Rückmeldungen geben. Dieser intensive Dialog nimmt kostbare Zeit in Anspruch. Er bietet jedoch vielleicht die Möglichkeit, für mehr Transparenz und eine höhere Zustimmungsquote bei Abstimmungen auf der Hauptversammlung oder aber der Entlastung des Vorstands bzw. Aufsichtsrates zu sorgen.
Bisher wird das aktive Einbringen und kritische Äußerungen von Aktionären von deutschen börsennotierten Unternehmen noch als gefährlich und beängstigend eingestuft. Dies liegt daran, dass es im internationalen Vergleich keine offen gelebte Diskussionskultur gibt. In andere Ländern werden kritische Anmerkungen positiv wahrgenommen: Ein Investor interessiert sich für das Unternehmen und zeigt dadurch Interesse. Diese teilweise kulturell bestehenden Unterschiede sollten beim Investorendialog berücksichtigt werden, wie auch der nächste Abschnitt zeigt.
Berücksichtigung der Aktionärsstruktur
Neben den oben genannten Aspekten darf auch die Bedeutung kultureller Unterschiede nicht unterschätzt werden. Die meisten Unternehmen haben zum Großteil ausländische Aktionäre, d.h. die deutsche Bevölkerung hat nur wenig Anteile in Form von Aktien an den deutschen Konzernen. Diese Tatsache bedeutet beispielsweise für deutsche Unternehmen, dass sie das dualistische System (Two-Tier-System) mit Aufsichtsrat und Vorstand immer wieder erklären müssen. International bekannter ist das monoistische System (One-Tier-System), bei dem es keine klare Trennung zwischen Führung und Kontrolle gibt wie beim Two-Tier-System. Diese Herausforderung schwindet dann, wenn nicht nur immer mehr Unternehmen in der Rechtsform der Societas Europeae (SE) firmieren, sondern auch das Wahlrecht des One-Tier-Systems anwenden. Die SE ist eine europäische Aktiengesellschaft, bei der die Wahlmöglichkeiten zwischen den beiden Systemen besteht.
Unterschiedliche Kulturen führen auch zu unterschiedlichen Erwartungen an die Unternehmensführung. So gibt es beispielsweise Unterschiede darin, ob die Orientierung am Shareholder-Value oder aber am Stakeholder-Value erfolgen soll. Nicht unumstritten ist auch die Kommunikation zwischen dem Vorstand und den Aktionären eines Unternehmens. Um derartige Probleme zu vermeiden, sollten alle Seiten klar und transparent kommunizieren. Dies betrifft nicht nur das Unternehmen, sondern auch die institutionellen Investoren sowie die Stimmrechtsberater. So können Missverständnisse und unterschiedliche Informationsstände vermieden werden.
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