Governance
Nachhaltige Vorstandsvergütung: Die Claw-back-Klausel macht‘s möglich
Das Thema Vorstandsvergütung wurde in den letzten Jahren zunehmend kontrovers diskutiert. Die derzeitigen Reformen des Aktiengesetzes sowie des Deutschen Corporate Governance Kodex zeigen die Relevanz der Vorstandsvergütung. Neben einer fixen Vergütung sollen auch variable Vergütungen für die Vorstandsmitglieder erfolgen, um entsprechende Anreize für deren Motivation und Engagement bei ihrer Tätigkeit zu setzen. Hier kommt die Claw-back-Klausel ins Spiel.
Hintergrund des Streitthemas Vorstandsvergütung
In den letzten Jahren wurden die Vergütungsberichte der Unternehmen zunehmend komplexer, sodass die Nachvollziehbarkeit und Transparenz teilweise erheblich gelitten haben. Die Überarbeitung des Vergütungssystems sollte der Tatsache Rechnung tragen, dass die Vorstandsmitglieder keinen Anreiz einer kurzfristigen Gewinnsteigerung erhalten, dies für das Unternehmen jedoch langfristig negative Auswirkungen hat. Um entsprechend Anreize zu schaffen für die Arbeit des Vorstands, wurden neben einer fixen zunehmend weitere Möglichkeiten einer variablen Vorstandsvergütung geschaffen.
Durch die Fokussierung auf eine nachhaltige Vorstandsvergütung gibt es daher vermehrt Diskussionen zur Frage, wie diese bei den variablen Vergütungsbestandteilen umgesetzt werden kann. Denn nur so kann der Anreiz wie gewünscht gesetzt werden, dass der Vorstand sich an der Zielerreichung langfristiger Ziele orientiert und damit die zukünftige Entwicklung des Unternehmens im Auge behält.
Was sich hinter der Claw-back-Klausel verbirgt
Im Gegensatz zu Boni, die bei der Zielerreichung als Bestandteil der variablen Vergütung gezahlt werden, handelt es sich bei Claw-back-Klauseln um Regelungen zur Rückzahlung bereits ausgezahlter Beträge. Claw-back-Klauseln wie auch sonstige Bonus-Malus-Regelungen dienen dem Zweck einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung. Durch die drohende Gefahr einer Rückzahlungsverpflichtung bei Pflichtverletzungen besteht weniger Anreiz von bewusstem Fehlverhalten seitens des Managements des Unternehmens.
Claw-back-Klauseln wurden bisher vor allem bei Kreditinstituten angewendet, da es für die Branche eine entsprechende Vergütungsverordnung gibt, die dies erfordert. Aufgrund der derzeitigen Gesetzesänderungen kann davon ausgegangen werden, dass das Thema Claw-back-Klauseln auch bei börsennotierten Unternehmen im Nicht-Bankensektor Einzug erhalten wird.
Im Gegensatz zu Schadensersatzansprüchen erfordern Claw-back-Klauseln keinen Nachweis des Schadens, um den Anspruch geltend machen zu können. Claw-back-Klauseln führen unabhängig vom Anspruch des Unternehmens zu einer Rückerstattung bestimmter variabler Vergütungsbestandteile. Sie können auch beim Auftreten negativer Ereignisse anknüpfen, ohne dass dies ein persönliches Fehlverhaltens bedarf.
In der Praxis gibt es derzeit vier verschiedene Arten von Claw-back-Klauseln:
- Es besteht ein Rückforderungsanspruch aufgrund des Fehlverhaltens eines Vorstandsmitglieds.
- Es besteht ein Rückforderungsanspruch aufgrund einer fehlerhaften Berechnung eines variablen Vergütungsbestandteils.
- Das Unternehmen hat ein bestehendes Bonus-Malus-System, bei denen ausbezahlte Boni zurückgefordert werden können. Dies ist dann der Fall, wenn nach Ablauf eines Referenzzeitraums festgestellt wird, dass die vereinbarten Ziele nicht erreicht wurden.
- Das beschriebene Bonus-Malus-System kann derart ergänzt werden, dass trotz Erreichung der festgelegten Ziele im Referenzzeitraum die variable Vergütung zurückgefordert werden kann. Dieser Fall tritt beispielsweise dann ein, wenn sich die Lage des Unternehmens danach verschlechtert.
Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex
Ein Thema der Überarbeitung des Deutschen Corporate Governance Kodex ist die Vorstandsvergütung. So sieht der neue Kodex folgende Regelung vor: Der Aufsichtsrat soll die Möglichkeit haben, außergewöhnliche Entwicklungen in angemessenem Rahmen Rechnung zu tragen. Der Kodex sieht daher vor, dass variable Vergütungen des Vorstandes in begründeten Fällen einbehalten oder aber zurückgefordert werden können. Der neue Kodex wird erst dann zur Veröffentlichung eingereicht, wenn die Reform des Aktiengesetzes (ARUG II) im Kraft getreten ist.
Zur variablen Vergütung des Vorstands empfiehlt der Kodex allgemein, dass die langfristige variable Vergütung den Anteil der kurzfristigen variablen Vergütung übersteigen soll. Dabei soll der Aufsichtsrat die Leistungskriterien für die variablen Vergütungsbestandteile für jedes Vorstandsmitglied festlegen. Die Leistungskriterien können sich dabei entweder an operativen oder strategischen Zielen orientieren. Nachträgliche Änderungen der Zielfestlegungen sollen gemäß dem Kodex ausgeschossen werden.
Der Aufsichtsrat soll nach dem Ablauf des Geschäftsjahres die variablen Vergütungsbestandteile für jedes Vorstandsmitglied anhand der Zielerreichung festlegen. Wichtig dabei ist die Nachvollziehbarkeit der gewährten Vergütung sowohl der Höhe als auch dem Grunde nach. Dabei sollen die gewährten variablen Vergütungsbeträge hauptsächlich in Aktien des Unternehmens erfolgen. Laut den Empfehlungen des Kodex sollen die Vorstandsmitglieder erst nach vier Jahren darüber verfügen können.
Welche Schwierigkeiten die Umsetzung der Claw-back-Klausel für den Aufsichtsrat mit sich bringt
Die Umsetzung der Claw-back-Klausel bringt für den Aufsichtsrat einige Herausforderungen mit sich. Der Aufsichtsrat kann nicht mit jedem Mitglied des Vorstandes ein individuelles Vergütungssystem vereinbaren. Die Grundstruktur muss beibehalten werden, da das AGB-rechtliche Transparenzgebot angewendet werden muss. Demnach müssen sowohl die Voraussetzungen als auch die Rechtsfolgen einer vorformulierten Klausel so präzise beschrieben werden, dass keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen.
Die Herausforderung besteht darin, dass diese so verständlich formuliert sind, dass der Vertragspartner sowohl seine Rechte als auch seine Pflichten ohne fremde Hilfe feststellen kann. Demnach muss die Claw-back-Klausel alle Voraussetzungen einer Rückforderung genauso benennen wie die Vergütungsbestandteile, die im eintretenden Fall erstattet werden müssen.
Bei der Festlegung der Claw-back-Klausel und der Voraussetzung einer Rückforderung sollte der Aufsichtsrat dennoch nicht zu spezifisch werden. Auch wenn die Mitglieder des Vorstandes damit gesteuert werden sollen, darf die Klausel ihn nicht vor die Wahl stellen, der aufgestellten Weisung zu folgen oder seine Vergütung zu verlieren. Andernfalls würde dies einem Weisungsrecht gleichkommen, das der Aufsichtsrat allerdings nicht hat.
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