Governance
Die Prüfungsschwerpunkte der Bilanzpolizei für 2021
Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), die umgangssprachlich auch als Bilanzpolizei bezeichnet wird, legt jedes Jahr im November die Prüfungsschwerpunkte für das Folgejahr fest. Sie wurde 2005 aufgrund zahlreicher Bilanzskandale gegründet. Im letzten Jahr ist die Bilanzpolizei wegen des Bilanzskandals bei Wirecard heftig kritisiert worden. Derzeit wird die Bilanzkontrolle und damit auch die Zuständigkeit der DPR reformiert.
Aufgaben der Bilanzpolizei (DPR)
Die DPR prüft die testierten Jahresabschlüsse von Unternehmen. Dabei werden mittels verschiedener Verfahren die Unternehmen ermittelt, die geprüft werden. Es sind ungefähr 550 Unternehmen, die die Voraussetzungen einer Prüfung durch die Bilanzpolizei erfüllen. Jährlich werden ca. 80-90 Prüfungen durchgeführt. Bei der Auswahl der Unternehmen gibt es zum einen zufällige Stichproben, zum anderen können noch sog. Anlassprüfungen durchgeführt werden. Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn es Anhaltspunkte für Fehler in der Rechnungslegung eines Unternehmens gibt.
Die Veröffentlichung der Prüfungsschwerpunkte der DPR erfolgt nachdem die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA ihre Prüfungsschwerpunkte für das Folgejahr bekannt gibt. Die DPR richtet sich bei ihren Prüfungsschwerpunkten nicht nur nach der ESMA, sondern legt darüber hinaus auch eigene Prüfungsschwerpunkte fest. Als Prüfungsschwerpunkt werden Themen beispielsweise dann ausgewählt, wenn es Änderungen einer entsprechenden Rechnungslegungsvorschrift gegeben hat. Ein weiterer Grund sind beispielsweise häufige Fehlerfeststellungen bei den Prüfungen. Die festgestellten Fehler der werden im Bundesanzeiger veröffentlicht. Bei der Bewertung des Goodwills, der beim Kauf eines Unternehmens entsteht, werden besonders häufig Fehler festgestellt. Aus diesem Grund war dies in den letzten Jahren häufig einer der festgelegten Prüfungsschwerpunkte.
Gemeinsame europäische Prüfungsschwerpunkte
Als gemeinsame europäische Prüfungsschwerpunkte für dieses Jahr hat die ESMA die folgenden festgelegt:
- Darstellung des Abschlusses
- Wertminderung von Vermögenswerten
- Finanzinstrumente
- Leasingverhältnisse
Bei der Darstellung des Abschlusses soll der Fokus auf den Annahmen bezüglich der Unternehmensfortführung und den Ermessensentscheidungen liegen. In beiden Fällen davon auszugehen, dass sich bei einigen Unternehmen erhebliche Auswirkungen durch die Corona-Pandemie ergeben. Einer besonderen Begutachtung werden beispielsweise die Angaben zu wesentlichen Unsicherheiten, die erhebliche Zweifel an der Fortführungsfähigkeit des Unternehmens aufwerfen können, unterzogen. Die Bilanzpolizei möchte bei ihren Prüfungen in diesem Jahr vor allem auch die Angaben sowohl über qualitative als auch über quantitative Informationen zu den wesentlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Jahresabschluss einsehen.
Neben der Darstellung des Abschlusses ist die Wertminderung von Vermögenswerten einer der gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkte. Aufgrund der derzeitigen konjunkturellen Lage geht man für die Jahresabschlüsse 2020 von Wertminderungen aus. Denn die Corona-Pandemie ist für einige Unternehmen das auslösende Ereignis, dass Abschreibungen nach sich ziehen wird. In einigen Branchen wird derzeit davon ausgegangen, dass das Umsatzlevel der Vor-Corona-Zeit erst wieder in einigen Jahren erreicht werden wird. Dies bedeutet, dass einzelne Vermögenswerte (z.B. Maschinen, Firmenwerte, Beteiligungen an anderen Unternehmen) an Wert verloren haben. Je höher die Abschreibungen sind, desto geringer ist der Gewinn des betroffenen Unternehmens. Die DPR prüft daher, ob die getroffenen Annahmen der Unternehmen transparent, sorgfältig und vollständig erfolgt sind.
Aufgrund der konjunkturellen Lage müssen Finanzinstitute bei der Aufstellung ihrer Abschlüsse die erwarteten Kreditausfälle berechnen. Der Fokus dieses Prüfungsschwerpunktes liegt daher auf Kreditinstituten. Wie auch bei den Abschreibungen der Vermögenswerte wird der Gewinn durch größere Kreditausfälle gemindert. Kreditinstitute müssen daher damit rechnen, dass die getroffenen Annahmen für die Ermittlung der erwarteten Kreditausfälle daher einer besonders kritischen Prüfung seitens der DPR unterzogen werden.
Die Bilanzierung von Leasingverhältnissen wurde vor einiger Zeit verändert. Dies hatte auf die Jahresabschlüsse der Unternehmen teilweise erhebliche Auswirkungen, da seither die Leasing-Verbindlichkeiten über die gesamte Rest-Leasingdauer ausgewiesen werden müssen. Aufgrund der Corona-Pandemie haben einige Vermieter ihren Mietern Erleichterungen gewährt. Dies erfordert die Angabe der Mietzugeständnisse im Abschluss. Die DPR will bei der Prüfung der Abschlüsse in diesem Kontext daher vor allem begutachten, ob die Unternehmen angemessene Angaben zu den Risiken der aktuellen Marktbedingungen offenlegen.
Nationale Prüfungsschwerpunkte der Bilanzpolizei
Die DPR hat zu den gemeinsamen europäischen Prüfungsschwerpunkten noch zwei nationale Prüfungsschwerpunkte ergänzt: Die Angaben über Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen bzw. Personen und die Ausgestaltung des Risikoberichts.
Die Angaben über Beziehungen zu nahestehenden Personen wurden als Prüfungsschwerpunkt festgelegt, da es zahlreiche Fehlerfeststellungen der DPR diesbezüglich in der Vergangenheit gegeben hat. Zu den nahestehenden Unternehmen zählen beispielsweise Mutter- oder Tochtergesellschaften in einem Konzern. Darüber hinaus will die DPR auch die Angaben zur Art der Beziehung, der Höhe sowie zu den Bedingungen von Geschäftsvorfällen sowie ausstehenden Beträgen genauer unter die Lupe nehmen.
Der Prüfungsschwerpunkt der Risikoberichterstattung wurde aufgrund der Corona-Pandemie festgelegt. Denn aufgrund der Pandemie ist davon auszugehen, dass dies erhebliche Auswirkungen auf die Berichterstattung der Risiken der Unternehmen haben wird. Neben der Vollständigkeit möchte die DPR bei ihren Prüfungen auch die Angemessenheit der Berichterstattung über wesentliche Risiken prüfen. Insbesondere Einzelrisiken und bestandsgefährdende Risiken werden bei den Prüfungen genauer untersucht. Darüber hinaus wird kontrolliert, ob der Risiko- und Prognosebericht miteinander in Einklang stehen.
Die zukünftige Arbeit der Bilanzpolizei wird sich durch die anstehende Reform zeigen. In diesem Jahr gilt auf jeden Fall noch wie bisher: Die Prüfungsschwerpunkte werden in den Stichprobenprüfungen in diesem Jahr besonders relevant sein.
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