Governance

Shareholder Engagement: Was verbirgt sich dahinter?

Vor vielen Jahren galten Investoren in Deutschland nicht als besonders aktiv. Der Begriff des Shareholder Engagements hat daher im internationalen Vergleich noch keine lange historische Tradition. Investoren werden jedoch zunehmend aktiv und fallen nicht alleine nur durch die Nutzung des Stimmrechtes auf der Hauptversammlung auf.

Unter dem Begriff Shareholder Engagement sind Aktivitäten seitens der (institutionellen) Investoren zu verstehen, in denen diese ihren Einfluss geltend machen, damit das Unternehmen beispielsweise nachhaltiger arbeitet oder aber die Geschäftsmodelle digitalisiert. Aufgrund der Möglichkeiten des Shareholder Engagements werden vorwiegend Ankerinvestoren oder institutionelle Investoren sich engagieren und weniger Privatanleger bzw. Kleinaktionäre. Der vorliegende Beitrag zeigt die Themenvielfalt, innerhalb derer Aktionäre Shareholder Engagement betreiben können. Zudem wird dargestellt, wie das Shareholder Engagement effizient im Unternehmen umgesetzt werden kann.

 

Möglichkeiten des Shareholder Engagements

Investoren haben verschiedene Möglichkeiten, sich zu engagieren. Neben der Teilnahme an der Hauptversammlung und den dort durchgeführten Abstimmungen können sie während der Hauptversammlung ihr Rederecht aktiv nutzen. Insbesondere institutionelle Investoren werden heutzutage von Stimmrechtsberatern auf der Hauptversammlung vertreten, da diese nicht an allen Versammlungen selbst teilnehmen können und sich so von Experten beraten lassen. Bei den Abstimmungen werden jedoch vorwiegend Themen rund um die Corporate Governance entschieden. Derzeit ist beispielsweise die Höhe der Vergütung für den Vorstand einer der kritischen Themen auf der Hauptversammlung.

Fragen zum Themenkomplex der Corporate Social Responsibility wie beispielsweise Nachhaltigkeit, Einhaltung von Menschenrechten oder aber ökologisches Wirtschaften werden jedoch weniger auf der Hauptversammlung diskutiert. So war zumindest die bisherige Vorgehensweise, wenn man auf die Hauptversammlungen der börsennotierten Unternehmen in den letzten Jahren schaut. Um Themen rund um die Corporate Social Responsibility in die Diskussion einzubringen, können Investoren ihr Rederecht nutzen und zu konkreten Herausforderungen des Unternehmens Fragen stellen bzw. Veränderungen verlangen.

Ankerinvestoren, institutionelle Investoren oder mehrere Investorengruppen gemeinsam können Anträge bzw. Gegenanträge auf der Hauptversammlung stellen, um spezielle Themen auf die Tagesordnung der Hauptversammlung zu bringen. Damit es möglicherweise zu einer Abstimmung kommen kann, müssen die rechtlichen Anforderungen berücksichtigt werden. Andernfalls besteht die Gefahr der Anfechtbarkeit der Abstimmungen. Sofern es die Situation erfordert, können Investoren auch die Einberufung einer außerordentlichen Hauptversammlung bewirken. Dazu sind jedoch entsprechende Anteile am gesamten gezeichneten Kapital des börsennotierten Unternehmens erforderlich.

Zum Shareholder Engagement zählt jedoch nicht nur das aktive Einbringen und Abstimmen auf der Hauptversammlung. Insbesondere Großinvestoren bzw. institutionelle Investoren versuchen durch einen Dialog mit den Unternehmen, beispielsweise auf die Geschäftsaktivitäten kritisch einzuwirken. Bei diesem Austausch versuchen sie demnach, Einfluss zu nehmen, damit das Unternehmen beispielsweise „gezwungen“ wird, sich mit der Nachhaltigkeit des eigenen Wirtschaftens zu beschäftigen. Durch die Forderungen der Investoren besteht dadurch auf Seite des Unternehmens aufgrund des Dialogs einerseits mehr Druck, die kritischen Anmerkungen der Investoren ernst zu nehmen. Andererseits eröffnet dieser Dialog mit den Investoren regelmäßige Rückmeldungen der Anteilseigner und damit der Chance auf höhere Zustimmungsquoten bei der nächsten Hauptversammlung.

Heutzutage werden Firmen nicht nur von ihren Shareholdern unter Druck gesetzt, sich um mehr als nur Profit zu sorgen, sondern insbesondere auch von ihren Stakeholdern. Sie müssen die Interessen Ihrer Shareholder, Regulierungsbehörden, Verbrauchern und Angestellten gleichermaβen vertreten. Eine kürzlich durchgeführte Studie des Diligent Institute und dem Rock Center for Corporate Governance der Stanford University hat untersucht, wie Führungsgremien diese beiden Seiten ins Gleichgewicht bringen. Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen. 

 

Welchen Vorteil haben Investoren durch Shareholder Engagement?

Investoren haben zwar die Möglichkeit, die Aktien eines Unternehmens zu verkaufen, wenn sie mit der Vorgehensweise oder einzelnen Aktivitäten des Unternehmens überhaupt nicht einverstanden sind. Doch oftmals haben gerade institutionelle Investoren das Interesse, ihr Portfolio nicht permanent aufgrund dessen zu ändern. Investoren können durch ihr Engagement bei den Unternehmen, an denen sie beteiligt sind, Veränderungen bewirken. Durch den Druck der Investoren sehen sich die Unternehmen dann eher gezwungen, zu handeln und damit aktiv zu werden. Einige Themen kommen durch den Druck der Investoren am ehesten auf die Agenda des Unternehmens. So spielen derzeit beispielsweise die Themen Corporate Social Responsibility für viele Investoren eine zunehmend wichtige Rolle. Durch die Forderungen der Investoren können sich auch Regelungen verändern, da die Themen oftmals nicht unternehmensspezifisch sind.

Eine derartig offene Kultur einer kritischen Auseinandersetzung mit den Investoren ist für deutsche Konzerne häufig noch ungewohnt. Im angelsächsischen Raum wird dies jedoch als eine sehr gute Möglichkeit wahrgenommen. Das Engagement der Investoren sollte daher aus Sicht der Unternehmen auch als Interesse seitens der Investoren wahrgenommen werden. Dies kann sich auch auf die Haltedauer der Aktien auswirken.

 

Kritik am Shareholder Engagement: Schlechtes Gewissen beruhigen?

Ein Kritikpunkt des Shareholder Engagements ist die Möglichkeit der tatsächlichen Einflussnahme auf die Handlungen des Unternehmens. Durch die Androhung des Verkaufs eines größeren Aktienpaketes können Investoren – zumindest kurz- bis mittelfristig – mehr erreichen. Allerdings müssen sie eine Androhung auch in die Tat umsetzen, da dies ansonsten bei mehrmaliger Anwendung nur als leere Drohung seitens des Unternehmens wahrgenommen wird. Wenn die Investoren anstelle von Aktienverkäufen mit Gesprächen versuchen, den Ressourcenverbrauch zu kritisieren, dauert dies bis zur tatsächlichen Umsetzung oftmals mehrere Jahre. Allerdings können jedoch größere Veränderungen nur auf längere Sicht erfolgen, da diese beispielsweise eine Umstellung der Produktionsprozesse erfordern.

Kritiker werfen den Investoren beim Shareholder Engagement häufig vor, dass diese lediglich ihr schlechtes Gewissen bei unethischen Geschäftspraktiken beruhigen möchten. Dies ist ähnlich wie bei Konsumenten, die ihren Konsum nicht einschränken, sondern weiterhin eine Vielzahl an nachhaltigen Produkten konsumieren. Diesen Kritikpunkt zu entkräften gelingt sicherlich nicht bei allen Geschäftsaktivitäten eines Unternehmens.

 

Umsetzung eines effektiven Shareholder Engagements

Um das Shareholder Engagement und damit auch den Austausch mit Investoren effizient gestalten zu können, sind einige Punkte zu beachten. So sollte das Unternehmen beispielsweise damit beginnen, die relevanten Investoren zu definieren. Denn so hilfreich ein intensiver Austausch und engagierte Investoren auch sind, die Ressourcen des Unternehmens sollten auch hier nicht verschwendet, sondern zielgerichtet eingesetzt werden.

Weiterhin trägt die Festlegung einer klar definierten Strategie sowie die Festlegung konkreter Ziele zu einem effektiven Shareholder Engagement bei. Abgerundet werden diese mit entsprechenden Zeitplänen, einer Budgetplanung sowie die Festlegung von Zuständigkeiten seitens der Mitarbeiter des Konzerns. Auch die Kommunikation innerhalb des Unternehmens darf nicht unterschätzt werden. Wichtig ist hier beispielsweise auch ein einheitliches Verständnis innerhalb des Unternehmens.

Fazit: Unternehmen sollten Shareholder Engagement nicht nur als Last empfinden. Wenn sie dies effizient im Unternehmen umsetzen, kann es nicht nur zu einem intensiveren Austausch, sondern auch zu höheren Abstimmungsquoten auf der Hauptversammlung führen.

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