Governance
Shareholder- vs. Stakeholder-Ansatz: Bei Veränderungen ist Europa weiter als die USA
Während früher der Shareholder-Ansatz mit dem Fokus auf der Maximierung des Unternehmensgewinns dominierte, rückt heutzutage der Stakeholder-Ansatz zunehmend in den Fokus der Diskussionen. Anders als sonst üblich sind die USA bei diesem Gedankengang hinter Europa zurück.
Was sich in den Unternehmen verändert
Bei viele Unternehmen ist der Shareholder-Value nicht mehr der alleinige Fokus. Die unternehmerische Verantwortung gewinnt an Bedeutung. Dazu zählen nicht nur soziale, sondern auch ökologische Kriterien. Die Auswirkungen des Geschäftsmodells des Unternehmens auf die Umwelt spielen gerade in Zeiten des Klimawandels und der Bewegung „Fridays for Future“ eine immer größere Rolle.
Durch die leichten Möglichkeiten der Kommunikation in den sozialen Medien können Unternehmen bei Negativmeldungen schnell Opfer eines sog. Shitstorms werden. Die Meldung kann sich innerhalb kürzester Zeit viral verbreiten, sodass das betroffene Unternehmen schnell reagieren muss. Im schlimmsten Fall führt der Shitstorm zu einer Imagekrise des Unternehmens, was möglicherweise mit sinkenden Umsätzen einhergeht.
Aufgrund dieser Tatsache sind die Unternehmen heutzutage gezwungen, auf die kritischen Äußerungen zu reagieren. Dies trägt zu einer Transparenz bei, der sich Unternehmen heutzutage kaum noch entziehen können. Bei den Negativmeldungen handelt es sich beispielsweise um Meldungen zu Ausbeutung von Mitarbeitern, negativen Auswirkungen auf die Umwelt oder aber um nicht ernst genommene Kritik einzelner Kunden.
Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen
Beim Stakeholder-Ansatz gibt es im Gegensatz zum Shareholder-Ansatz eine viel größere Interessentengruppe, die im Fokus liegt. Der Shareholder-Ansatz hat die Interessen der Aktionäre als Fokus. Dies bedeutet demnach nicht nur die Steigerung des Aktienkurses, sondern auch die Ausschüttung einer Dividende. Bei dieser Betrachtungsweise kommt somit dem Gewinn des Unternehmens eine wichtige Bedeutung zu.
Beim Stakeholder-Ansatz müssen die Interessen einer viel größeren Gruppe berücksichtigt werden. Zu den Stakeholdern zählen nicht nur die Mitarbeiter eines Unternehmens, sondern auch die Kunden und Lieferanten. Ferner zählt die Gesellschaft dazu, da auch die Kommunen und der Staat zur Interessentengruppe zählen.
Beim Stakeholder-Ansatz wird auch berücksichtigt, dass Unternehmen mit ihren Steuerzahlungen beispielsweise die Erneuerung der Infrastruktur finanzieren. Somit liegt es im Interesse der Kommunen und der Öffentlichkeit, dass die Unternehmen vor Ort Steuern bezahlen. Andernfalls fehlen die entsprechenden finanziellen Mittel, um derartige Projekte zu finanzieren.
Die gesellschaftlichen Aufgaben der Unternehmen rücken also beim Stakeholder-Ansatz in den Vordergrund, während beim Shareholder-Ansatz das Maximum für die Aktionäre als Schwerpunkt gilt. Mitarbeiter werden heutzutage nicht mehr nur als Kostenfaktor gesehen. Durch den Gewinnwahn in der Vergangenheit sind die Löhne zunehmend unter Druck geraten. Die Ausbeutung der Mitarbeiter mit einer hohen Arbeitsbelastung, viel Druck und einer geringen Entlohnung waren die Konsequenzen des Gewinnstrebens.
Gleichzeitig haben die parallel deutlich angestiegenen Managergehälter für Unmut in der Bevölkerung gesorgt. Wie sehr das Thema Vorstandsvergütung und die Festlegung einer Maximalgrenze für Vorstände kritisiert werden, zeigt sich nicht nur in den aktuellen politischen Diskussionen, sondern auch bei der Reform des Deutschen Corporate Governance Kodex. Die Vorstandsvergütung war eines der Themen, das bei der Überarbeitung des Kodex diskutiert wurde.
Studienergebnisse der Stanford University und des Diligent Instituts
Eine kürzlich durchgeführte Studie des Diligent Institute und dem Rock Center für Corporate Governance der Stanford University hat untersucht, inwieweit die Bedürfnisse der Shareholder und der Stakeholder berücksichtigt werden. Dazu wurden im Sommer 2019 rund 200 Geschäftsführer und Vorstände von öffentlichen sowie privaten Unternehmen befragt.
Die Befragten gaben nahezu alle an, dass sie die Interessen der Stakeholder als notwendig erachten. Zudem wurde die Bedeutung der Berücksichtigung der Interessen der Stakeholder, die nicht gleichzeitig Shareholder sind, als wesentlich für das Unternehmen eingestuft. Zu dieser Gruppe zählen beispielsweise Arbeitnehmer, Kommunen und die allgemeine Öffentlichkeit. Gleichzeitig gingen die meisten auch davon aus, dass das eigene Unternehmen den Interessen der Stakeholder auch gerecht wird.
Allerdings glauben die Unternehmensleiter nicht daran, dass sie die Anerkennung erhalten, die sie für ihre Leistungen verdient hätten. Lediglich ca. zwei Drittel der Befragten gehen davon aus, dass die wichtigsten Stakeholder genau verstehen, welche Anstrengungen unternommen werden, um ihren Interessen gerecht zu werden. Außerdem sieht lediglich ein Fünftel der befragten Führungskräfte die Medien in der Lage, die Tätigkeiten des Unternehmens zur Befriedigung der Bedürfnisse der Stakeholder, zu verstehen. Diese Ergebnisse zeigen deutlich: Bei der Kommunikation der Aktivitäten des Unternehmens bezüglich der Verfolgung der Interessen der Stakeholder gibt es noch Nachholdbedarf.
Der Handlungsdruck ist jenseits den USA größer als in den Vereinigten Staaten, wie die Umfrage ergeben hat. Zwei Drittel der Unternehmensleiter von Unternehmen außerhalb der USA spüren einen hohen Druck von Interessensgruppen, die entsprechende Forderungen kommunizieren. Im Gegensatz dazu spüren lediglich ein Drittel von Unternehmen mit Sitz in den USA einen hohen Druck der Interessengruppen.
Auch die Forderungen von den Investoren sind außerhalb der USA deutlich höher. Die Hälfte der Leiter eines Unternehmens außerhalb der USA werden seitens der größten institutionellen Investoren unter Druck gesetzt, um ihre Interessen berücksichtigt zu sehen. Lediglich ein knappes Drittel der Leiter eines amerikanischen Unternehmens sehen sich dem Druck der institutionellen Investoren ausgesetzt.
Mehr als zwei Drittel der Befragten gaben an, der Horizont für Investitionen liege bei drei oder mehr Jahren. Somit verneinten sie die Orientierung an einer kurzfristigen Gewinnmaximierung als Zielsetzung. Sorge bereitet den Unternehmensleitern vor allem die Umwelt wie beispielsweise der Klimawandel, Umweltverschmutzung oder auch Recycling. Ca. 40 Prozent der interviewten Personen sehen darin langfristig die größten negativen Auswirkungen für ihr Geschäftsmodell. Zu weiteren Themen, die ihnen Sorgen bereiten, zählen beispielsweise zunehmende Steuern und Regulierungen, makroökonomische Faktoren, die den Handel beeinflussen sowie der Fachkräftemangel. Die vollständige Studie können Sie hier herunterladen.
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