Governance

Stimmrechtsberater – was verbirgt sich dahinter?

Der Einfluss von Stimmrechtsberatern auf den Hauptversammlungen der großen börsennotierten Unternehmen hat in den vergangenen Jahren zugenommen. Der Gesetzgeber hat auf den zunehmenden Einfluss mit einer Reform des Aktiengesetzes mit neuen Transparenzrichtlinien reagiert. Die Bedeutung von Stimmrechtsberatern wird im folgenden Beitrag näher beleuchtet.

Wer sind Stimmrechtsberater?

Stimmrechtsberater vertritt Aktionäre auf der Hauptversammlung und gibt Abstimmungsempfehlungen für die Beschlüsse auf der Hauptversammlung. Insbesondere institutionelle Investoren nehmen die Dienstleistungen von Stimmrechtsberatern in Anspruch, da sie aus Kostengründen nicht bei allen beteiligten Unternehmen die Umstände für die anstehenden Beschlüsse prüfen können. Sie übergeben die Aufgabe an die Stimmrechtsberater, um ihrer Verpflichtung nachzukommen, mit dem Portfolio verantwortungsvoll umzugehen.

Aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Stimmrechtsberatern auf den Hauptversammlungen haben diese einen zunehmenden Einfluss auf das Abstimmungsverhalten. Diese Möglichkeit der Einflussnahme auf Beschlüsse der Hauptversammlung wurden in den letzten Jahren zunehmend kritisiert. Den Stimmrechtsberatern werden mangelnde Transparenz und bestehende Interessenskonflikte vorgeworfen.

Bei der Reform des Aktiengesetzes wurde erstmals eine Definition von Stimmrechtsberatern aufgenommen. Demnach sind Stimmrechtsberater Unternehmen, die gewerbsmäßig und entgeltlich Offenlegungen sowie andere Informationen von börsennotierten Gesellschaften analysieren, um Anleger zu Zwecken der Stimmausübung durch Recherchen, Beratungen sowie Stimmempfehlungen zu informieren.

 

Maßnahmen der Stimmrechtsberater vor der Hauptversammlung

Stimmrechtsberater sammeln vor der Hauptversammlung alle relevanten Informationen über ein Unternehmen und interpretieren diese. Diese Aufgabe stellt eine große Herausforderung dar, da nicht nur die Informationsflut aufgrund der digitalen Kommunikationsmöglichkeiten erheblich sind, sondern die meisten Hauptversammlungen zwischen März und Juni stattfinden.

Aus Sicht des Unternehmens besteht die Gefahr, dass Stimmrechtsberater eine relevante Unternehmensinformation falsch interpretieren und daher möglicherweise Empfehlungen für die Kunden aussprechen, die für die Unternehmen nachteilig sind. Dies kann beispielsweise die Ablehnung der Erhöhung der Vergütung des Vorstands sein.

Auch wenn Stimmrechtsberater wesentliche Informationen nicht rechtzeitig erhalten, kann dies für Unternehmen Gefahren nach sich ziehen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn diese Information für die Abstimmung eines wesentlichen Punktes während der Hauptversammlung für das Unternehmen eine bedeutende Rolle spielt. Insbesondere Abspaltungen von Konzernteilen oder aber auch Zukäufe von größeren Unternehmen sind bei der Abstimmung der Hauptversammlung eine der heiklen Themen. Die Zustimmungen auf den Hauptversammlungen hat in den letzten Jahren bei einigen Abstimmungen deutlich abgenommen. Dies zeigt, dass Investoren ihre Stimmrechte vermehrt wahrnehmen und Beschlüsse nicht mehr einfach abnicken.

Um die beschriebenen Probleme zu vermeiden, können Unternehmen Stimmrechtsberatern die relevanten Informationen übersichtlich und umfassend zur Verfügung stellen. Dabei können sich Unternehmen an den umfangreichen Informationsanforderungen der Proxy Statements in den USA orientieren. Zudem sollten sich Unternehmen bereits vor der Erstellung der Tagesordnung für die anstehende Hauptversammlung mit den Richtlinien der Stimmrechtsberater auseinandersetzen und diese bei der Erstellung der Tagesordnung beachten. Es ist nicht ausreichend, lediglich die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodexes zu beachten. Denn diese schützen das Unternehmen nicht vor geringen Zustimmungsraten auf der Hauptversammlung. Dies hat die Erfahrung der letzten Jahre insbesondere bei der Abstimmung der Vergütung des Vorstandes gezeigt.

Die Aufgabe des Aufsichtsrates und des Vorstandes ist es, zu überprüfen, ob die Orientierung an den Richtlinien der Stimmrechtsberater zur Entwicklung von Stimmrechtsempfehlungen auch tatsächlich im Interesse des Unternehmens liegt. Wenn jedoch die Abstimmungsvorschläge von den Stimmrechtsberater-Richtlinien abweichen, sollte das Unternehmen dies sowohl verständlich als auch nachvollziehbar begründen. Denn nur dann besteht die Möglichkeit, dass Stimmrechtsberater ihr Ermessen im Sinne einer Einzelfall-Betrachtung machen können.

 

Welche Änderungen ergeben sich durch die aktuelle Reform des Aktiengesetzes?

Die EU-Richtlinie, die in deutsches Recht übernommen wird, dient der Verbesserung der Mitwirkung der Aktionäre bei börsennotierten Unternehmen. Außerdem soll die Transparenz bei Stimmrechtsberatern verbessert werden. Für Stimmrechtsberater werden im Aktiengesetz Transparenzpflichten festgelegt, die eine Offenlegung diverser Informationen erfordern. Diese Informationen betreffen beispielsweise das Anlageverhalten sowie das Geschäftsmodell der Stimmrechtsberater. Der Begriff Stimmrechtsberater taucht somit neu im Aktiengesetz auf, was vor der Reform bisher nicht der Fall war.

Stimmrechtsberater müssen jährlich erläutern, ob sie den Vorgaben eines Verhaltenskodexes entsprochen haben und entsprechen. Außerdem müssen sie angeben, welche Vorgaben des Verhaltenskodexes sie nicht eingehalten haben und die Maßnahmen beschreiben, die sie stattdessen getroffen haben. Sofern sie keinen Verhaltenskodex einhalten, ist eine Erläuterung erforderlich.

Folgende Informationen müssen Stimmrechtsberater künftig jährlich veröffentlichen:

  • wesentliche Merkmale der eingesetzten Methoden und Modelle sowie die Hauptinformationsquellen
  • Verfahren, die zur Qualitätssicherung sowie zur Vermeidung und Behandlung von potenziellen Interessenskonflikten eingesetzt wurden
  • Informationen über die Qualifikationen der an der Stimmrechtsberatung beteiligten Mitarbeiter
  • Art und Weise, wie nationale Marktbedingungen sowie rechtliche, regulatorische und unternehmensspezifische Bedingungen berücksichtigt werden
  • Informationen über wesentliche Merkmale der verfolgten Stimmrechtspolitik für die einzelnen Märkte
  • Informationen, wie und wie oft das Gespräch mit den betroffenen Gesellschaften und deren Interessensträgern gesucht wird

Diese Informationen müssen Stimmrechtsberater gebündelt und gesondert auf ihrer Internetseite zugänglich machen. Die Informationen müssen nicht nur jährlich aktualisiert, sondern mindestens drei Jahre öffentlich zugänglich sein. Zudem müssen Stimmrechtsberater ihre Kunden unverzüglich über Interessenskonflikte sowie diesbezügliche Gegenmaßnahmen informieren.

Durch die Reform des Aktiengesetzes und die damit verbundene Aufnahme des Stimmrechtsberaters in den Gesetzestext, wird die Bedeutung der Rolle der Stimmrechtsberater an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst.

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