Governance
Welche Gefahr in den Bilanzen durch die Corona-Krise lauert
Die Halbjahresberichte für das erste Halbjahr 2020 liegen vor. Es zeigt sich, dass bisher kaum ein Unternehmen Abschreibungen auf den Goodwill vorgenommen hat. Damit ist die Gefahr massiver Abschreibungen durch die Corona-Pandemie auf die Unternehmen jedoch umso höher.
In den letzten Jahren haben DAX-Konzerne zahlreiche Zukäufe anderer Unternehmen getätigt. Bei diesem Kauf von anderen Unternehmen entsteht ein sogenannter Goodwill. In den Bilanzen der DAX-Konzerne liegt die Summe des ausgewiesenen Goodwills bei mehr als 300 Milliarden Euro. Befeuert wurde dieser nicht nur durch die derzeitig geltenden Bilanzierungsregeln, sondern auch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank.
Was sich hinter dem Goodwill verbirgt
Durch erwartete Synergieeffekte, ein gutes Image des Unternehmens oder aber auch die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells führen dazu, dass sich der Kaufpreis von Unternehmen erhöht. Je höher der Kaufpreis, desto höher ist somit der Goodwill. Er entsteht rechnerisch, indem vom Kaufpreis der aktuelle Wert des Eigenkapitals des Unternehmens abgezogen wird und zählt zum immateriellen Vermögen, da er keine physische Substanz hat. Zu beachten gilt allerdings, dass beim Kauf eines Unternehmens andere immaterielle Werte wie beispielsweise Markennamen und Kundenlisten separat vom Goodwill in der Bilanz ausgewiesen werden.
Warum der Goodwill eine Gefahr darstellt
Ein Blick in die Geschäftsberichte der DAX-Konzerne zeigt: Der Goodwill macht bei vielen Unternehmen einen nicht unbeachtlichen Teil am gesamten Vermögen aus. Die Besonderheit des Goodwills zeigt sich insbesondere in einer Unternehmenskrise, da er sich von anderen immateriellen Vermögenswerten wie beispielsweise einem Patent deutlich unterscheidet. Denn im Falle einer Unternehmenskrise kann lediglich ein Patent und nicht der Goodwill veräußert werden. Genau hier setzt das Problem an, wenn aufgrund einer langanhaltenden Wirtschaftskrise Abschreibungen auf den Goodwill vorgenommen werden müssen.
Goodwill als bilanzieller Risikofaktor
Eine Analyse des Goodwills seit 2015 zeigt: Die Werte in der Bilanz der DAX-Konzerne sind deutlich angestiegen. Es ist keine Seltenheit, dass der Goodwill ein Drittel oder sogar die Hälfte des gesamten Vermögens eines Unternehmens ausmacht. Auch gibt es Unternehmen, bei denen der Goodwill höher ist als das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital.
Diese hohen Goodwill-Werte sind nicht nur auf die zahlreichen Unternehmenskäufe zurückzuführen. Vor allem die Bilanzierungsregeln machen dies möglich: Denn seit 2004 wird der Goodwill nicht mehr jährlich abgeschrieben. Es muss lediglich einmal jährlich ein Werthaltigkeitstest durchgeführt werden. Hier wird überprüft, ob der Goodwill möglicherweise einen geringeren als der in der Bilanz ausgewiesene Wert hat. Nur wenn dies der Fall ist, muss eine Abschreibung vorgenommen werden. Diese führt zu einer Gewinnminderung und damit einer Belastung des Eigenkapitals des Unternehmens.
Derzeit werden die bisherigen Bilanzierungsregeln des Goodwills überarbeitet: Allerdings soll nicht die jährliche Abschreibung wieder eingeführt werden. Sondern ein Werthaltigkeitstest soll nur noch bei Vorliegen entsprechender Anzeichen für eine Wertminderung durchgeführt werden müssen. Dieser Vorschlag wird derzeit insbesondere durch die Wirtschaftskrise aufgrund der Ausbreitung des Corona-Virus kontrovers diskutiert.
Bedeutung und Abschreibungen des Goodwills
Studienergebnisse haben gezeigt: Abschreibungen des Goodwills sind nicht der Regelfall, ganz im Gegenteil. Kaum ein DAX-Konzern hat in den letzten Jahren Abschreibungen des Goodwills in nennenswerter Höhe vorgenommen. Die Unterlassung der Abschreibungen hat somit die Gewinne der Unternehmen massiv geschont.
Wenn ein Konzern Abschreibungen auf den Goodwill durchführt, sendet er dadurch ein Zeichen an den Kapitalmarkt: Die Abschreibung bedeutet, dass der gezahlte Kaufpreis in der Vergangenheit zu hoch war. Dieser Kritik möchten sich Unternehmen ungern aussetzen. Es hat sich gezeigt: Insbesondere bei einem Vorstandswechsel werden besonders häufig Abschreibungen auf den Goodwill vorgenommen.
Drohen einem Unternehmen zu hohe Goodwill-Abschreibungen, belastet dies das Ergebnis des Konzernes erheblich. Durch einen möglichen Verlust wird das Eigenkapital geschmälert. Wenn der Verlust besonders hoch ist, besteht im schlimmsten Falle die Gefahr, dass das Eigenkapital negativ wird. Dieses Risiko besteht dann, wenn neben den Goodwill-Abschreibungen noch weitere Abschreibungen oder ein massiver Einbruch der Umsatzerlöse zu einem hohen Verlust bei einem Unternehmen führen.
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