Governance

Zeitbombe Goodwill: Welche Gefahren in den Bilanzen der Konzerne lauern

Ein Blick in die Bilanzen der DAX-Konzerne zeigt: Die Höhe des Vermögens besteht bei vielen der 30 Unternehmen zu großen Teilen aus dem sog. Goodwill. Es gibt sogar einige Konzerne, bei denen der Goodwill größer ist als das Eigenkapital. Diese hohen Werte basieren auf den derzeitigen Rechnungslegungsvorschriften, die dies ermöglichen.

Da der Erfolg eines Vorstandes immer auch anhand des Konzerngewinns gemessen wird, stehen sie unter permanentem Erfolgsdruck. Zu einer guten Corporate Governance trägt dies leider nicht bei, auch wenn die Vermeidung der Abschreibung des Goodwills aus Sicht eines Vorstandes durchaus nachvollziehbar ist.

Insbesondere vor dem Hintergrund der Abkühlung der Konjunktur in Deutschland ist diese Tatsache problematisch. So besteht die Gefahr von hohen Abschreibungen in der Zukunft. Was sich hinter dem Goodwill verbirgt und warum hohe Abschreibungen problematisch sein können, werden in diesem Beitrag erläutert.

Wie der Goodwill entsteht

Der Goodwill, auch als Geschäfts- oder Firmenwert bezeichnet, entsteht beim Unternehmenskauf. Das folgende Beispiel veranschaulicht die Entstehung des Goodwills: Die Sommer AG kauft die Winter GmbH, um die Produktpalette auszuweiten. Es wird ein Kaufpreis in Höhe von 8 Mio. € vereinbart. Durch den Kauf der Winter GmbH erhofft sich die Sommer AG Synergieeffekte. Die Höhe des Kaufpreises wurde zudem beeinflusst durch das gute Image, die vorhandenen Patente sowie die guten Zukunftschancen des Geschäftsmodells der Winter GmbH.

Bei der Ermittlung des Goodwills müssen alle Vermögenswerte der Winter GmbH neu bewertet werden. Zu diesen Vermögenswerten zählen beispielsweise Patente, Maschinen und selbst erstellte Software. Die Neubewertung der Vermögenswerte der Winter GmbH ergeben einen Wert in Höhe von insgesamt 5 Mio. €.

Der Goodwill berechnet sich in diesem Fall wie folgt: Vom Kaufpreis der Winter GmbH wird die Summe des neu bewerteten Vermögens abgezogen. Dies führt zu einem Goodwill in Höhe von 3 Mio. €. Dieser wird nun in der Bilanz der Sommer AG unter dem Vermögen ausgewiesen.

Wieso der Goodwill gefährlich ist

Seit 2004 gilt nach den Vorschriften der internationalen Rechnungslegung die folgende Regelung: Der Goodwill wird nicht mehr jährlich abgeschrieben. Es muss jedoch jedes Jahr ein sog. Werthaltigkeitstest durchgeführt werden. Im Rahmen des Werthaltigkeitstests muss überprüft werden, ob es Gründe für eine Wertminderung des Goodwills gibt. Sofern dies der Fall ist, muss eine Abschreibung des Goodwills vorgenommen werden.

Bei der Durchführung des Werthaltigkeitstests muss das Unternehmen einige Annahmen treffen. Hier besteht ein legaler Spielraum, eine drohende Abschreibung des Goodwills zu verhindern. Wenn man sich die Höhe der Abschreibungen der DAX-Konzerne anschaut, ergibt sich ein klares Bild: Die vorgenommenen Abschreibungen auf den Goodwill sind sehr gering. Die meisten Unternehmen haben in den letzten Jahren keine bzw. nur sehr geringe Abschreibungen vorgenommen.

Durch die langanhaltende Niedrigzinspolitik wurden die Kaufpreise durch Akquisitionen zudem in den letzten Jahren in die Höhe getrieben. In Kombination mit dem Wegfall der jährlichen Abschreibung des Goodwills ist dies zu immens hohen Werten dessen in den Bilanzen der Konzerne gekommen.

Abschreibungen insbesondere bei Vorstandswechsel

Es gibt bereits eine Vielzahl an Studien, die ein deutliches Ergebnis zeigen: Insbesondere beim Wechsel des Vorstands werden vom neuen Vorstand Abschreibungen des Goodwills vorgenommen. Dies zeigt den Druck, dem die Vorstände der Unternehmen ausgesetzt sind: Abschreibungen auf den Goodwill werden als Fehlentscheidung des Vorstands eingestuft. Denn schließlich bedeutet dies nichts anderes als, dass in der Vergangenheit für einen Unternehmenskauf ein zu hoher Kaufpreis gezahlt wurde. Solch ein Eingeständnis würde dem Vorstand vermutlich einige Kritik einbringen.

Was bei einer Abschreibung passiert

Bei einer Abschreibung des Goodwills wird der Gewinn des Unternehmens geschmälert. Auswirkungen auf die Liquidität ergeben sich keine. Dieser Tatsache lässt an die amerikanische Börsenweisheit erinnern: Gewinn ist Ansichtssache, Cashflow Tatsache. Sie deutet darauf hin, dass Unternehmen den Gewinn durch den Einsatz von Bilanzpolitik beeinflussen können. Die Beeinflussung des Cashflows, der Liquidität, ist hingegen kaum möglich.

Je höher die vorgenommene Abschreibung ist, desto größer sind somit die Auswirkungen auf den Gewinn. Durch einen geringeren Gewinn werden folglich auch die ausgeschütteten Dividenden geringer ausfallen. Durch den Wegfall der jährlichen Abschreibung des Goodwills wurde der Gewinn weniger beeinträchtigt und somit gab es möglicherweise eine höhere Ausschüttung an die Aktionäre.

Keine Lösung in Sicht?

Gelöst werden könnte das derzeitige Problem durch die Wiedereinführung der jährlichen Abschreibung des Goodwills. So würden die hohen Werte durch Akquisitionen automatisch abschmelzen. Außerdem kommen die Vorstände nicht in Erklärungsnot, für Unternehmenskäufe in den letzten Jahren angeblich zu viel gezahlt zu haben.

Nach der deutschen Rechnungslegung muss der Goodwill übrigens jährlich abgeschrieben werden. Hier zeigt sich wieder, dass das Handelsgesetzbuch sehr konservativ ist und der Kaufmann sich danach eher ärmer als reicher rechnet. Dies liegt jedoch an der anderen Zielsetzung: Die internationale Rechnungslegung dient primär dem Ziel der Informationsfunktion für Investoren, um ihre Anlageentscheidung zu treffen.

Die derzeitige Problematik des Goodwills wird auch von den Standardsettern der internationalen Rechnungslegung diskutiert. Wir werden sehen, wie sie auf die Situation reagieren.

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